Anderen was vormachen -aber sich selbst?

Bei anderen völlig normal, fängt spätestens in der Schule an.

Wissenslücken mit „schlauer stellen als de bist“ kompensieren. Gell, Pokerface, was biste schee?

Soweit so klar. Aber wie isses möglich, sich selbst was vorzumachen?

Schätze dafür kommts aufs Umfeld an. Fang mer mal am Anfang an:
Als Kleinkind is mer total abhängig und angewiesen.
Ziemlich klar nur die primären Bedürfnisse. Irgendwie weiß mer was mer will und braucht. Kein Zweifel an der Authentizität. Gewissermaßen in Stein gemeißelte Ur-Menschenrechte.

Aber egal, ob -und wenn ja- welches Recht eim so zusteht, es muss auch erfüllt werden.
Und? Da gehts genau los. Mama wieder kein Bock, Papa was besseres zutun. Aber Windeln voll und überhaupt…

Diesen relativ überschaubaren Ur-Bedürfnissen wird im Laufe der Folgejahre noch das Eine oder Andere hinzugefügt. Aber es bleibt ansich  übersichtlich. Und zwar so, dasses eigentlich unmöglich scheint, sich da jetzt was vorzumachen.

Aber Obacht! Gerade in der Herde, naja, sagen wir Familie, haben sich im Umgang mit den Bedürfnissen diverse Taktiken entwickelt. Je nachdem, was so alles unbefriedigt blieb -und -Achtung!- Je nachdem, was mer per Zufall so rausgefunden hat, um sich das eine oder andre Goodie on top servieren zu lassen -völlig wurscht ob mers nun wirklich braucht oder nicht.
Eben findet er statt, der Startschuss künstlicher Bedürfnisse. Dazu gibts an andrer Stelle nochmal nen Nachschlag (etwa “Nichtrauer in 3 Tagen”)
Egal.
Also Baby plerrt und der besonders genervte Teil des Umfelds sucht nach Abhilfe. Mission completed? Nee. Eigentlich ganz im Gegenteil. Das zu “erpressende” Publikum ist schlicht nötig, um überhaupt wem was vorzumachen.

Und wie mer da so für sich hin schauspielert, anfängt bestimmte Rollen voll authentisch zu servieren, Erwartungen (scheinbar) erfüllt -da pickt mer sich aber ned nur die Rosinen aus m Family-Cake. Nee. Mer muss auch lernen mit Zurückweisungen -also dem ganzen zwischenmenschlichen Gedöns- zurechtzukommen.

-Und da passierts:
Mer sucht mal wieder nach (s)einer Scheinidentität, aber kein Aas juckts. Währenddessen is mer bereits ständig Zeuge seines eigenen Verhaltens. -Was auch sonst? Mit anderen Worten: eigentlich isses eh klar, dass mer ganz oder teilweise anders is, als mer des nach Außen rauslässt.
Mer hat gelernt dieses -im Rahmen seiner Möglichkeiten- so gut es eben geht zu spielen -trotzdem- eigentlich unmöglich, das einfach so zu vergessen.
Wie wärs mit ignorieren?
Kommt schon eher in Betracht.

Jetzt tun mer mal so, als könnt so n kleiner Stinker ohne fremde Hilfe groß und stark werden. Ergo, es gäb keine Abhängigkeiten (-> Interdependenzen) Ja, Herrje! Wär mer allein und kein anderer da, gäbs da auch nur den geringsten Grund, sich selbst was vorzumachen?

Ich denke, soweit is klar.
Daraus folgt (oder?) dasses ohne Gemeinschaft ja mal sowas von null Grund für Unehrlichkeit, resp. Vorgaukelei falscher Persönlichkeiten oder Tatsachen gäb, dasses schon weh tut.

Ist das jetzt Sünde -oder kann das weg?

Ist halt zutiefst menschlich. Ich geb solange den King, bis ichs irgendwann selbst glaub. Würd mir ohne die (auf)gezwungene Zuarbeit all der anderen never ever gelingen.
Naja.
Wär ich von vornerein allein gewesen, würd ich dann n Zwiegespräch mit mir selber suchen, meiner anderen Seite eins vom Pferd erzählen?
Mer waaß es ned.

Aber was heißt das?
Mit sich selbst in Dialog zu treten ist der Selbsterkenntnis (nicht Heilung) irgendwie, irgendwann vielleicht bissi hilfreich, zumindest aber mal ned abträglich.
Wieso? Dieser Dritte-Personen-Trick, mit dem wir ewich und drei Tag, n anderen für alle Schuld verantwortlich machen, fällt in Ermangelung anderer weg.
Die Frage „was ist das Problem, wie kann ich helfen“ tritt in den Vordergrund. Ja, ich weiß, das garantiert längst ned die Rettung der Welt.

Aber! Welche Alternative bleibt? „Solange die anderen ned anfangen die Welt zu retten, fällt mein Mist auch ned ins Gewicht?“

Wird höchste Zeit zu akzeptieren, dass wir alle -ausnahmslos- essentielle Bestandteile jeglicher menschgemachten Miseren sind. Punkt.

 

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